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Simon Gubo

Lebensphase Spätburgunder


„Lebensphase Spätburgunder“ ist ein Treatment für einen Spielfilm von Simon Gubo. Absurd, humorvoll, philosophisch, skurril: Ein Drama mit starken atmosphärischen Bildern und einer ungewöhnlichen Erzählstruktur.

Ernesto, der Protagonist, springt im Jahr 2016 als Leihopa für die sechsjährige Charlotte ein, die er liebevoll „Schippi“ nennt. Als ihre Mutter stirbt kommt sie in eine Pflegefamilie. Zufällig begegnen sich die beiden 2028 wieder und freunden sich an.

Inzwischen sind die Figuren gereift, mit anderen Konflikten und neuen Eindrücken konfrontiert. Doch dann wird Ernesto Augenzeuge eines Terroranschlags. Nun muss Lotte für ihren alten Freund da sein.

Die Beerdigung eines Suppenhuhns, Flaschenpost im Getränkekarton, eine Verfolgungsjagd in Blinkschuhen und allzeit ein Senfglas Spätburgunder. „Lebensphase Spätburgunder“ erzählt vom Feiern, Genießen, Überwindung, Kraft und einem Schluck Mut. Das Leben ist mal lieblich und mal schwer, eben wie ein Wein …

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2016, am 10. September – GEMEINSCHAFTSGARTEN - TAG
Der Leihopa gräbt ein Loch im Garten
und setzt das ausgepackte „Suppenhuhn“ hinein.
Verwundert sieht ihm Schippi dabei zu.
Nach einem improvisierten Gebet begraben sie
das Huhn. An einem Kreuz aus Ästen
hängt ein Schild mit der Aufschrift „Jolanta“.

„Plötzlich ist der Abendhimmel rot,
sieht aus wie auf einem Gemälde
von Emil Nolde. Ernesto reißt das
Küchenfenster auf, stößt dabei das
Weinglas um. Die Scheiben beschlagen.
SIRENEN HEULEN.“

2016, im September – ERNESTOS SCHLAFZIMMER - NACHT
Nachdenklich blickt Ernesto an die Decke.
Schippi kuschelt sich an ihren Leihopa,
liegt auf seiner Seite des Doppelbetts.
Im Schlaf atmet sie schwer und windetsich.
Ihr Gesicht liegt im Dunkeln verborgen.
Nach einiger Zeit richtet sie
sich auf und kontrolliert ob Ernesto noch
atmet. Er nimmt ihre Hand.

2016, am 9. September – WOHNZIMMER - NACHT
Schippi liegt zugedeckt auf dem Sofa. Ernesto lässt
sich den Oemelken vorstellen. Neugierig berührt
das Mädchen eine Falte in seinem Gesicht. Dann fragt
sie ihn, warum er so viele hat. Ernesto antwortet:
„Das sind keine Falten … das sind Falze. Irgendwann
kann man mich handlich zusammenfalten und in eine
kleine Kiste packen... Dann werden se’ mich nach Friedrichsfelde
bringen und beerdigen.“

Schippi: „Beerdigen?“

Ernesto: „Das ist, wenn vor dem Friedhof viele Autos
stehen... und man sich nochmal verabschiedet...“

Zaghaft berührt Schippi die Sorgenfalten auf ihrer
gerunzelten Stirn. Der Leihopa versucht sie zu beruhi-gen:
„Du bist doch noch jung und ich bin auch noch
ne Weile da … Falten sind wie die Jahresringe von Bäumen,
die kommen mit der Zeit … Und Haare sind die
Blätter
…“, dann fährt er sich mit der Hand über die
Halbglatze:
„… Und bei mir ist Herbst.“

Ein kurzes Grinsen, dann blickt sie ihm tief in die
Augen, fragt: „Und was ist mit Mami? Die ist nicht so
alt … und Falten hat sie auch wenig.“ Stille.

Ernesto sortiert ihr wildes Haar, tut so, als würde
er sie wie Zuckerwatte essen. Schippi kuschelt sich
in die Decke, gähnt. Der Leihopa erzählt eine erfundene
Geschichte. Immer wieder fallen ihr die Augenlider
zu. Schließlich holt er einen von Schippis Mutter
beschrifteten Zettel aus der Hosentasche und singt
„Weißt du, wie viel Sternlein stehen“. Das junge Mädchen
schläft ein.

Vorsichtig steht Ernesto vom Sofa auf und geht zur
Balkontür. Über den unzähligen Lichtern der Stadt steht
der lichtverschmutze Himmel. Es ist eine Mischung aus
braun, rot und schwarz. Der alte Herr faltet den Zettel
zusammen und steckt ihn zurück in seine Hosentasche.
Dann zieht er die Vorhänge zu.